Wie wir von unserer Informandin erfahren haben, lebt Olga. Sie berichtete uns, dass sie höchst selbst von Olga in Erfahrung bringen konnte, dass der Herr Stadtkommandant sowie Schwester Mirabella für ihren Geschmack sich zu viel im Zwiebelturm der Schneckenzucht bzw. im Burggarten der Salatpflege hingegeben und ihre Verpflichtungen für St. Otterowo vernachlässigt hätten. Also hätte Olga ihren Reisigbesen genommen und den Burghof gereisigt und vor sich hingebrummelt. Sie könne dabei immer vorzügerlich meditirilieren. So sei sie zu dem Entschluss gekommen, man müsse Abhülfe schaffen. Sogleich habe sie eine halsbverbrecherische Fahrt mit ihrem Schlitten ins Auge gefasst.
Im Weiteren war unser Reporter vor Ort dabei. Hier seine Zeilen, noch glühend heiß:
„Herr Stadtkommandant“, hörte man die Stimme Schwester Mirabellas.
Eine völlig verdatterte drein blickende Schwester Mirabella fand der Herr Stadtkommandant auf dem Boden sitzend inmitten ihrer ausgebreiteten Röcke vor. Auf ihr lautes Rufen war er die Treppen aus seinem Palast hinunter geeilt, hörte sich doch die dort rufende Stimme gar sehr besorgt und in Not an. „Schwester Mirabella?“, suchend blickte er sich um. „Hier“, kam es kläglich. „Ach, was machen Sie denn dort?“, reichte er ihr die Hand, um ihr aufzuhelfen. Ein Kichern schwebte durch die Lüfte. Beide blickten sich suchend um, niemand war zu entdecken.
„Was ist geschehen, Schwester Mirabella?“, fragte in seiner das Kommandantieren gewöhnten Art, der respektable Stadtkommandant. „Ich weiß nicht…“, antwortete eine leicht verwirrte Schwester Mirabella etwas zaghaft. „Ich wurde von Olga in den Schlitten verfrachtet, anders kann ich es nicht nennen. Sie schimpfte wie ein Rohrspatz mit mir. Sie kennen Sie ja. Von wegen, so ginge das ja nun wirklich nicht mehr. St. Otterowo müsse wohl einen St. Otterowo-Gedenktag einführen, damit der Schönheit und Würde unseres Städtchens respektvoll entgegengekommen wird. Und jetzt hopphopp, ja, so sprach Sie mit mir, in den Schlitten. So beschäftigt kann der Herr Stadtkommandant gar nicht sein, dass er keine Zeit hat für mich, Olga die Zweit-Älteste von St. Otterowo.
Dann schlittete sie los. Und wie sie schlittete. Die Schneekanone, die sie vorne am Schlitten befestigt hatte, stob den Schnee vor sich her und sie schoß über die selbst erschaffene Piste. Ja, und dann ausschnaufte sie und ich dachte, das war’s. Und dann rief ich Sie. Denn nur Sie konnten mir helfen, das wusste ich. Warum sonst hätte mich Olga hierher gebracht? Auf ihren Rat ist immer Verlass. Ja, und dann als Sie das Fenster zugeknallt hatten, nachdem Sie nur für mich vernehmen ließen: 'Ich komme!', saß ich plötzlich auf dem Boden und Olga war samt Schlitten weg...“. Beide sahen sich um. Keine Olga da. Nur ein Kichern, ein wohlbekanntes, hing in der Luft.

Liebe Leser der St. Ottorowoer Wahrheit, bilden Sie sich selber ihre Meinung. Ist es nicht eine gute Seele, die Olga? Eine gewitzigte Schlitten-Kosmonautin? Eine weltgewandeste Diplomatin der herzerfrischensten Art.
Schw. Mirabella - 16. Mai, 12:27